Seit etwa 2004 gibt es in zunehmendem Maße die Möglichkeit, Manga in digitaler Form kostenpflichtig z. B. auf Mobiltelefone herunterzuladen. Die Bildfolgen sind dafür bildschirmgerecht aufgeteilt und teilweise auch durch technische Effekte (z. B. Einsatz der Pager-Funktion bei Actionszenen) aufbereitet, einige Manga-Serien werden exklusiv für Mobiltelefone angeboten. Aufgrund der geringen Downloadkosten von 40 bis 60 Yen (etwa 30 bis 45 Cent) pro Geschichte und der ständigen Verfügbarkeit hat dieser Markt bereits einen Umfang von mehreren Millionen Aufrufen pro Jahr.
Bedeutung in Japan
Mit der Zeit haben sich bei Manga verschiedene Untergruppen für nahezu jede Zielgruppe herausgebildet, unterteilt z. B. nach Alter (von Kleinkind-Manga bis zu Silver Manga für Senioren), sexueller Orientierung (z. B. Hentai, Yuri und Yaoi), Hobbys oder Fachgebieten (z. B. Jidai-geki, die sich mit japanischer Geschichte beschäftigen). Bei Manga für Jugendliche wird zwischen Themen für Mädchen (Shōjo) und für Jungen (Shōnen) unterschieden, bei Manga für Erwachsene zwischen Themen für Frauen (Josei) und für Männer (Seinen). Diese Abgrenzungen sind außerhalb Japans allerdings weniger scharf.
Als Dōjinshi bzw. Dōjin bezeichnet man von Fans gezeichnete inoffizielle Fortsetzungen oder Alternativgeschichten zu bekannten Anime bzw. Manga oder Spielen. In Japan werden sie oft von spezialisierten Kleinverlagen oder in Eigeninitiative veröffentlicht. Der zwei Mal jährlich in Tokio stattfindende Comic Market (auch „Comiket“ genannt) ist nicht nur die größte Dōjinshi-Messe Japans, sondern mit über 40.000 Ausstellern und über 450.000 Besuchern sogar die größte Comic-Veranstaltung der Welt.
Parallel zu den hauptsächlich für den kommerziellen Markt produzierten Manga entwickelten sich bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg so genannte alternative Manga, für die der Zeichner Yoshihiro Tatsumi Ende der 1950er-Jahre den Begriff Gekiga prägte. Diese eigenständige Bewegung, die sich eher an eine erwachsene Leserschaft richtet, ermöglicht Künstlern im Vergleich zu den jeweils vorherrschenden Trends größere Freiheiten in Ausdruck und Stil. Die Grenzen zwischen „Mainstream-Manga“ und Gekiga sind allerdings fließend: Die großen Manga-Verlage veröffentlichen auch alternative Magazine, und einige Gekiga-Serien wie z. B. Golgo 13 entwickelten sich zu neuen Trendsettern im kommerziellen Bereich.
Zu den bedeutendsten im Manga-Bereich verliehenen Preisen gehören als älteste Auszeichnung der vom gleichnamigen Verlag 1956 ins Leben gerufene Shogakukan-Manga-Preis für die besten Manga, der seit 1977 verliehene Kodansha-Manga-Preis und der seit 1997 von der Zeitung Asahi Shimbun jährlich in vier Kategorien vergebene Osamu-Tezuka-Kulturpreis für herausragende Zeichner und Personen oder Institutionen, die sich um Manga besonders verdient gemacht haben.
Im Herbst 2000 erkannte die japanische Regierung Manga und Anime offiziell als eigenständige, förderungswürdige Kunstform an.
Verbreitung
Die in Japan bekannteste und am weitesten verbreitete Manga-Figur ist die 1969 entstandene blaue Roboterkatze Doraemon.
Manga-Zeichnungen finden auch jenseits des reinen Geschichtenerzählens breite Anwendung, z. B. in Kochbüchern, Bedienungsanleitungen oder bei Hinweisen.
Doraemon als Werbefigur einer Speditionsfirma
|
Plakat gegen Unhöflichkeit in einem Nahverkehrszug
|
Warnschild auf Türen der Tokyo Metro
|
Japanisches Baustellen-Warnschild
|
Seit 1997 ist die Zahl der Manga Kissa in Japan stark gestiegen. Dabei handelt es sich um Verbindungen aus Café und Manga-Bibliothek, die neben Manga zum Lesen vor Ort auch zahlreiche Annehmlichkeiten anbieten.
Realverfilmungen
Vergleichbar mit US-amerikanischen Comic-Verfilmungen gibt es in der japanischen Filmindustrie seit der Jahrtausendwende zunehmend Bestrebungen, Manga als Realfilme oder -serien umzusetzen; Beispiele hierfür sind Casshern, Touch, Ichi the Killer, Oldboy oder Uzumaki. Immer mehr japanische Regisseure sind mit Manga aufgewachsen, und der Fortschritt der Tricktechnik ermöglicht mittlerweile die Adaption selbst komplexester Szenen. Zudem können bei einer Manga-Umsetzung die Fans des Originalwerkes auch ohne großen Werbeaufwand erreicht werden.
Zu den erfolgreichsten Realverfilmungen von Manga der letzten Jahre zählen unter anderem die Fernsehserie zu Great Teacher Onizuka (1998), deren letzte Folge die höchste jemals erreichte Einschaltquote eines Serienfinales im japanischen Fernsehen hatte, und der Kinofilm zu Nana (2005), der mit einem Einspielergebnis von umgerechnet ungefähr 29 Millionen Euro auf Platz 5 der erfolgreichsten japanischen Kinofilme dieses Jahres kam. Mit Death Note (2006) ist eine Manga-Umsetzung erstmals von vornherein als zweiteilige Kinofassung ausgelegt.
Manga als Wirtschaftsfaktor
Bahnhofskiosk in Japan. Ein Großteil des Angebotes besteht aus Manga-Taschenbüchern und -Magazinen
Jugendliche Manga-Leser in einem japanischen Supermarkt
Manga sind eine der Hauptsäulen des japanischen Verlagswesens. Im Jahr 2002 machten sie 38,1 % aller Drucksachen in Japan aus, wovon knapp 28 % auf Manga-Magazine und knapp 11 % auf Manga-Taschenbücher entfielen (in Deutschland umfassen Comics nur ca. 3 % aller Drucksachen).
Statistisch gesehen kauft jeder Japaner pro Jahr 15 Manga (Deutschland: 0,25 Comics pro Kopf und Jahr). Dies spiegelt sich in den Umsatzzahlen wider: 2004 lagen die Gesamteinnahmen bei Manga-Magazinen bei ca. 255 Milliarden Yen und bei Manga-Taschenbüchern bei ca. 250 Milliarden Yen (zusammen etwa 3,7 Milliarden Euro).
Auflagenzahlen
Die Gesamtauflage aller Manga (Magazine und Taschenbücher) betrug im Jahr 2004 in Japan 1,38 Milliarden Exemplare, was gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang um 3,5 % bedeutete. Für diese seit dem Höhepunkt des Manga-Booms Mitte der 1990er-Jahre stattfindende Reduzierung des Marktes wird unter anderem auch der Rückgang der Geburtenzahlen in Japan insbesondere seit Beginn der 1980er-Jahre verantwortlich gemacht.
Die Gesamtauflage aller Manga-Magazine ging 2005 gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich knapp 7 % zurück. Weekly Shonen Jump, das erfolgreichste Magazin, erlebte 2005 mit knapp drei Millionen verkaufter Exemplare pro Woche einen Rückgang von „nur“ 1,4 % gegenüber 2004; Mitte der 1990er-Jahre waren von dem Magazin noch sechs Millionen Exemplare pro Woche verkauft worden.
Während durchschnittliche Manga-Serien mit einer Startauflage von 300.000 bis 500.000 Exemplaren pro Band in den Handel kommen, können die erfolgreichsten Einzelbände Erstauflagen im Millionenbereich erreichen. Den Rekord hält gegenwärtig Band 24 der Serie One Piece, der im Juli 2002 in einer Auflage von 2,52 Millionen Exemplaren erschien.[5]
Die erfolgreichsten Manga-Serien in Japan nach Verkaufszahlen (Stand März 2005[6]):
- Kochira Katsushika-ku Kameari Kouen-mae Hashutsusho (Kurzform Kochikame, gegenwärtig 150 Bände): 130 Millionen Exemplare
- Dragonball (42 Bände, abgeschlossen): 126 Millionen Exemplare
- Oishimbo (gegenwärtig 93 Bände): 111,2 Millionen Exemplare
- Golgo 13 (gegenwärtig 140 Bände): 110 Millionen Exemplare
- Detektiv Conan (gegenwärtig 53 Bände): 110 Millionen Exemplare
- Slam Dunk (31 Bände, abgeschlossen): 105 Millionen Exemplare
- One Piece (gegenwärtig 43 Bände): 100 Millionen Exemplare
Golgo 13 (seit 1968) und Kochikame (seit 1977) gehören zugleich auch zu den am längsten ununterbrochen laufenden Manga-Serien und zu denen mit der höchsten Anzahl an Sammelbänden.
Manga-Zeichner
Autoren von Manga werden Mangaka genannt. Es gibt in Japan etliche Möglichkeiten, Mangaka zu werden, z. B. durch einen Sieg bei einem Zeichenwettbewerb oder durch eine erfolgreiche Bewerbung bei einem Verlag. Im Allgemeinen beginnt man dann als Assistent für „Anfängerarbeiten“ im Zeichnerteam eines bereits erfolgreichen Manga-Künstlers. Im Laufe der Zeit kann man sich innerhalb des Teams hocharbeiten und bekommt möglicherweise die Chance auf selbstständige Manga-Projekte.
Schätzungen zufolge gibt es in Japan ständig einige Zehntausend Zeichenassistenten, von denen der größte Teil mangels Aufstiegschancen jedoch nach relativ kurzer Zeit wieder aussteigt. Auch die meisten der etwa 3.000 hauptberuflich tätigen japanischen Mangaka können ihren Lebensunterhalt nicht alleine durch Zeichnen bestreiten und sind daher auf Nebentätigkeiten oder finanzielle Unterstützung angewiesen. Nur etwa 300 Künstler können ausschließlich vom Manga-Zeichnen leben – als namentlich bekannte Mangaka mit lang laufenden Manga-Serien und großen Teams.
Einige der international bekanntesten Mangaka sind neben dem bereits erwähnten Osamu Tezuka z. B. Gōshō Aoyama, CLAMP, Rumiko Takahashi, Akira Toriyama, Katsuhiro Otomo, Eiichiro Oda und Masamune Shirow.
Manga international
Der Manga-Anteil am französischen Comicmarkt beträgt gegenwärtig 22 %, mit steigender Tendenz.
Der britische Manga-Markt hatte 2005 einen Umfang von etwa acht Millionen Euro.
Der Umsatz des nordamerikanischen Manga-Marktes betrug im Jahr 2005 etwa 125 bis 145 Millionen Euro. Im Jahr 2005 waren unter den 100 meistverkauften Comics in den USA 80 Manga-Bände.
Manga in Deutschland
Die ersten in Deutschland veröffentlichten Manga waren die Einzelbände Barfuß durch Hiroshima – Eine Bildergeschichte gegen den Krieg von Keiji Nakazawa (Rowohlt Verlag, 1982; neu aufgelegt vom Carlsen Verlag, 2004), Heine – Dichter der Liebe und Revolution von Keiko Ogata (Verlag der Goethe-Handlung Düsseldorf, 1988)[11] und Japan GmbH von Shōtarō Ishinomori (Verlag Norman Rentrop, 1989).
Während in anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Italien und Spanien Manga bereits seit Anfang der 1980er-Jahre in immer größeren Stückzahlen veröffentlicht wurden und sich rasch große Fangemeinden bildeten, etablierte sich das Genre in Deutschland erst ab den 1990er-Jahren dauerhaft. Die erste Manga-Serie in Deutschland war Akira im Jahr 1991, und die Manga wurden zunächst nach amerikanischem und französischem Vorbild auf „westliche“ Leserichtung gespiegelt, auf Albenformat vergrößert und auf mehr Bände aufgeteilt. Obwohl als erste in original japanischer Leserichtung belassene deutschsprachige Veröffentlichung bereits 1992 der erste Band von Genji Monogatari Asakiyumemishi im Okawa-Verlag erschien, kam der endgültige Durchbruch für ungespiegelte Manga erst 1997 mit der Serie Dragonball des Carlsen-Verlags.
Mittlerweile erscheinen allein bei den größten deutschen Manga-Verlagen Carlsen Comics, Egmont Manga und Anime (EMA), TOKYOPOP, Planet Manga (Manga-Label von Panini Comics) und Heyne jährlich über 800 Manga-Bände. Außerdem werden zwei monatliche deutschsprachige Manga-Magazine veröffentlicht: Daisuki beim Carlsen-Verlag und Manga Twister bei EMA. Nicht alle deutschen Manga-Projekte sind jedoch erfolgreich: So mussten beispielsweise die Manga-Magazine Manga Power von EMA und BANZAI! von Carlsen wegen unzureichender Verkaufszahlen bzw. Lizenzproblemen wieder eingestellt werden.
Die Entwicklung des Manga-Booms in Deutschland lässt sich z. B. an den Umsatzzahlen des Carlsen-Verlags ablesen: Während der Verlag 1995 Manga für knapp 400.000 Euro verkaufte, lag sein Manga-Umsatz im Jahr 2000 bei über vier Millionen Euro und im Jahr 2002 bei über 16 Millionen Euro.[12]
Schätzungen zufolge machen Manga – zusammen mit südkoreanischen Manhwa und chinesischen Manhua – mittlerweile etwa 75–80 % des deutschsprachigen Comicmarktes aus, im Jahr 2005 lag der Manga-Bruttoumsatz in Deutschland bei 70 Millionen Euro. Mit einem Zuwachs von 6,9 % war der Manga-Sektor 2005 der am stärksten wachsende Bereich des deutschen Buchmarktes, dessen Gesamtwachstum bei weniger als 1 % lag. Marktführer im Jahr 2005 war Egmont Manga und Anime, dessen Jahresumsatz 15 Millionen Euro betrug.[13]
Seit der Jahrtausendwende haben Manga auf etablierten deutschen Literaturveranstaltungen wie der Frankfurter Buchmesse und der Leipziger Buchmesse eigene Messebereiche. Seit kurzem gibt es auch deutsche Manga-Auszeichnungen, wie die Kategorien „Manga/Manhwa international“ und „Manga-Eigenpublikation (national)“ des seit 2004 bestehenden Sondermann-Preises der Frankfurter Buchmesse und die 2006 ins Leben gerufene Kategorie „Bester Manga“ des seit 1984 verliehenen Max-und-Moritz-Preises des Comic-Salons Erlangen. Außerdem werden offizielle Manga-Zeichenwettbewerbe initiiert, mit denen gezielt deutsche Nachwuchstalente gefördert werden sollen.
Der Toilettenpapier-Vergleich
Der unsinnige Vergleich, dass in Japan angeblich mehr Papier für Manga verwendet wird als für die Herstellung von Toilettenpapier, beruht auf einem Zitat aus dem Buch „Manga! Manga! The World of Japanese Comics“ von Frederik L. Schodt: „As some enterprising reporters have discovered, Japan now uses more paper for its comics than it does for its toilet paper.“ („Wie einige kühne Reporter aufgedeckt haben, verbraucht Japan mittlerweile mehr Papier für seine Comics als für sein Toilettenpapier.“).[14]
Obwohl Schodt damit nur eine satirische Bemerkung in einem japanischen Zeitungsartikel kommentiert hatte, wurde die Bemerkung wegen ihrer Einprägsamkeit offensichtlich als Tatsache angesehen. Der Vergleich ist im englischsprachigen Raum kaum verbreitet, aber in unzähligen deutschsprachigen Artikeln und Medienberichten über Manga zu finden.
Literatur
- Osamu Tezuka (Vorwort), Frederik L. Schodt: Manga! Manga! The World of Japanese Comics. Kodansha America, 1983, ISBN 0-870-11752-1 (englisch)
- Jacqueline Berndt: Phänomen Manga. Quintessenz Verlag, 1995, ISBN 3-86124-289-3
- Frederik L. Schodt: Dreamland Japan: Writings on Modern Manga. Diane Pub Co., 1996, ISBN 0-756-75168-3 (englisch)
- Sharon Kinsella: Adult Manga: Culture and Power in Contemporary Japanese Society. University of Hawaii Press, 2000, ISBN 0-824-82318-4 (englisch)
- Masanao Amano, Julius Wiedemann: Manga Design. Taschen Verlag, 2004, ISBN 3-8228-2591-3
- Paul Gravett: Manga – Sechzig Jahre japanische Comics. Egmont Manga & Anime, 2006, ISBN 3-7704-6549-0
Quellen
- ↑ Nachgezeichnete Skizze des Originals
- ↑ Manga on the Move, Web Japan, 30. Mai 2006
- ↑ Manga-inspired Movies, Web Japan, 26. Juli 2006
- ↑ Japanese Publishing Industry, Japan Economic Monthly, Juli 2005, S. 5
- ↑ One Piece bricht in Japan Auflagenrekord, Animexx-News, 10. Juli 2002
- ↑ Animania Blog, 13. März 2005
- ↑ Elena Senft: In Frankreich sind Comics nicht immer komisch, 17. August 2006
- ↑ Britain finally catches up with "manga revolution", Antara News, 9. Juni 2006
- ↑ ICv2 Releases Manga Market Size Estimate For 2005, 3. Mai 2006
- ↑ Comic-Bestsellerliste 2005 in den USA von thebookstandard.com, 18. August 2006
- ↑ Auszüge aus dem Heine-Manga
- ↑ Andreas Dierks: Bestseller in die Buchläden, 9. Oktober 2003
- ↑ Bastian Knümann: Deutsche Mangabranche boomt weiterhin, Handelsblatt, 5. April 2006
- ↑ Osamu Tezuka (Vorwort), Frederik L. Schodt: Manga! Manga! The World of Japanese Comics, 2. Auflage 1986, Vorwort „A thousand million manga“, S. 12